Montag, 20. Januar 2003

Infos von EINFS

"Der Wissenschaftsausschuss des Landtags NRW hat heute einen Änderungsantrag zum „Studienkonten- und Finanzierungsgesetz“ (StKFG) der beiden Koalitionsfraktionen verabschiedet. Wie bereits im vorhergehenden Änderungsantrag sollen ab Sommersemester 2004 Langzeitgebühren von 650€ pro Semester erhoben werden, wenn Studierende die 1,5fache Regelstudienzeit überschreiten. Formal bekommt jeder Studierende ein Guthaben von 200 Semesterwochenstunden, aber die Regelabbuchung sorgt dafür, dass nach Überschreiten der 1,5fachen Regelstudienzeit das Konto leer ist."

Bastian Gronloh, hochschulpolitischer Referent des AStA hierzu: „Langzeitgebühren in Studienkonten umzutaufen ist nicht besonders kreativ und dazu reine Augenwischerei. Bildungspolitik auf der Basis von Umetikettierungen ist schlicht unseriös. Der heute verabschiedete Gesetzentwurf verschärft aber obendrein auch die Härtefallklausel: Wo im alten Entwurf nur die Möglichkeiten Gebührenermäßigung und -erlass stehen, findet sich jetzt zusätzlich die Stundung der Gebühren als erste Wahl. Will heißen: Wer jetzt schon kein Geld hat, der bekommt noch Schulden obendrauf! Auch die Einschränkung der gebührenfreien konsekutiven Studiengänge auf die Kombination Bachelor/Master stellt eine weitere Verschlechterung der Situation Studierender dar. Der Trend ist klar: Hin zum Schmalspurstudium.“

Doch auch die Konten- und somit Gebührenmodelle auf der Basis von Abbuchungen, die sich an dem Besuch von Vorlesungen, Seminaren und Praktika orientieren, lehnt der AStA aus bildungspolitischen Erwägungen strikt ab. Auch sie stellen eine künstliche Verknappung von Bildung dar, die dazu führt, dass Bildung wieder eine Frage des Geldes wird. Freier Zugang zu Bildung – unabhängig von der sozialen Herkunft

  • ist aber ein Recht und kein Luxus.

„Bereits heute schaffen nur wenige Kinder, deren Eltern weder Akademiker oder Beamte sind, den weiten Bildungsweg bis zur Uni. Jetzt darf die Landesregierung denen doch nicht noch das Studium erschweren oder sie ganz abschrecken!“ empört sich Markus von der Gathen, Öffentlichkeitsreferent des AStA.


Änderungsantrag wurde bewusst der Öffentlichkeit vorenthalten

Obwohl der Änderungsantrag, der heute beschlossen wurde, auf Dezember datiert ist, sucht man vergeblich auf der Homepage des Landtags nach dem Dokument. Nachfragen am Telefon blieben ebenfalls ergebnislos. So sind die meisten Studierendenvertretungen vom heutigen Änderungsantrag überrascht worden.

Bastian Gronloh meint dazu: „Offensichtlich möchte die Landesregierung möglichst wenig Aufmerksamkeit mit dem Gesetz erregen. Ganz nach der Devise: Je später jemand davon erfährt, desto geringer ist der Gegenwind. Soviel also zum Thema Transparenz in NRW.“


Klemens Himpele, Geschäftsführer des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren:

"Was die Landesregierung hier macht, ist ein Schlag ins Gesicht aller Studierender. Erst erklärt man die so genannten Langzeitstudiengebühren für erledigt und dann tauft man sie lediglich um. Der heute von der Landesregierung vorgelegt Änderungsantrag zum ursprünglichen Studienkonten- und -finanzierungsgesetz ist rundum abzulehnen. Er enthält sogar substanzielle Verschlechterungen gegenüber dem ursprünglichen Gesetzesentwurf. So sollen alle Studierende pauschal 200 kostenlose Semesterwochenstunden erhalten. Da beispielsweise ein Zahnmedizinstudium in Köln schon regulär über 200 Semesterwochenstunden benötigt, plant die Landesregierung mit dem vorgelegten Papier faktisch die Einführung von Studiengebühren bereits für das Erststudium in der Regelstudienzeit.

Wir fordern die Landesregierung auf, von der Einführung von Studiengebühren abzusehen. Diese verhindern lediglich die Zugangsmöglichkeiten von Menschen aus finanziell schlechter gestellten Familien zur Hochschulbildung. Dies haben zehntausende Studierende im Sommersemester mit ihren Protesten deutlich gemacht. Stattdessen muss das Land von der Übernahme finanzieller Risiken beim Metrorapid absehen. Oder ist der Regierung ein Fahrzeitverkürzung von wenigen Minuten tatsächlich wichtiger als Chancengleichheit und Bildung?"

 
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